Wolf Haas: Verteidigung der Missionarsstellung

Hoffmann und Campe, 240 Seiten, ISBN 978-3-455-40418-0

Eine Konstruktion wie ein Escher-Bild, so oder so ähnlich könnte man dieses Buch nach seiner Besonderheit gefragt beschreiben: Der Held (und Freund des Autors) Benjamin Lee Baumgärtner verliebt sich immer wieder aufs Neue an Orten (London bis Bienenbüttel), an denen grad eine Seuche (von Rinderwahnsinn bis  EHEC) ausbricht. Nebenher sucht er nach seinem indianisch-stämmigen Vater. Im Buch treten aber auch das Buch selbst und der Autor auf. Situationen werden typografisch dargestellt und verdeutlicht (ein Hoch auf die Druckkunst!) und um zu zeigen, wie man nichts versteht, wenn in einem Raum chinesisch gesprochen wird, werden schon einmal ein paar Seiten mit chinesischen Schriftzeichen gedruckt. Das ist intelligente Spielerei, ohne Frage gelungen, aber mit der Zeit auch ermüdend. Ebenso wie das gewollte Verzögern der Handlung,um langen Diskussionen über Sprache Raum zu geben. Eine intellektuelle Spielwiese, auf der sich zu amüsieren Wolf Haas den Leser einlädt. Vom typisch lakonisch-flapsigen Haas-Ton bleibt bedauerlicher Weise zu oft nur die Weitschweifigkeit. Konstruktion frißt Flair, hätte mein Urteil gelautet, wäre da nicht der wirklich amüsante Schluß gewesen. Plötzlich wird wieder erzählt, überraschend und sehr witzig. Ich schließe das Buch lachend, aber auch ein wenig ratlos.

Einen Nachtrag über zwei nicht besprochene Bücher: Seit Oktober habe ich nun alle meine Geburtstagsbücher gelesen und (bis auf zwei) hier vorgestellt. Und was mit den zweien? Nun, Deadwood von Pete Dexter: Der wilde Westen ist nicht mein Metier (außer Karl May, aber den habe ich auch schon länger nicht mehr gelesen) und wurde es auch nach der Lektüre von Deadwood nicht. Eine Rezension vom Stapel zu lassen, wäre ungerecht gewesen. Und Christiane, Du bleibst die Buchhändlerin meines Vertrauens, keine Frage! Blumenberg von Sibylle Lewitscharoff war Dein Geschenk. Und ich weiß ja, daß Du dieses Buch schätzt. Ich aber habe nicht verstanden, was dieses Buch will, bis zum Schluß nicht. Sprachkunst allein reicht nicht. Und das Raushängenlassen von Belesenheit ärgert. Aber es hat mich neugierig auf den wirklichen Hans Blumenberg gemacht und ich habe mir Schiffbruch mit Zuschauer und Die Lesbarkeit der Welt besorgt. Beim Buchhändler Christiane, nicht online!

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