Robert Harris: Vaterland

VATERLAND
Heyne Verlag, 384 Seiten, ISBN 978-3-453-07205-3

Dem letzten Kapitel seines 1992 erschienen Romans Vaterland (engl.: Fatherland) stellt Robert Harris ein Zitat aus Primo Levis „Die Atempause“ voran. Levi läßt einen SS-Offizier Folgendes sagen: „Wie immer dieser Krieg auch enden mag, wir haben den Krieg gegen euch gewonnen; von euch wird niemand übrigbleiben, um Zeugnis abzulegen, aber selbst wenn jemand übrigbleiben sollte, würde die Welt ihm nicht glauben. Es wird vielleicht Verdacht geben, Diskussionen, Untersuchungen von Historikern, aber es wird keine Gewißheit geben, denn wir werden die Beweise zusammen mit euch zerstören. Und selbst wenn einige Beweise übrigbleiben und einige von euch überleben sollten, werden die Leute doch sagen, daß die Vorgänge, die ihr beschreibt, viel zu monströs sind, um glaubhaft zu sein: Sie werden sagen, daß das Übertreibungen der alliierten Propaganda sind, und uns glauben, die wir alles abstreiten werden, und nicht euch. Wir werden die Geschichte der Lager diktieren!“

Dieses Ungeheuerliche ist Fakt geworden in dem von Harris entworfenen Deutschland von 1964: Hitler-Deutschland hat den Krieg gewonnen und erstreckt sich vom Rhein bis zum Ural. Allerdings gibt es Probleme mit der letzten verbliebenen Großmacht U.S.A. und zermürbenden Partisanenkämpfe im Osten des Reiches. In diesem Deutschland kommt Kripo-Sturmbannführer Xaver März, Mordfahnder der Berliner Kriminalpolizei und U-Boot Veteran, ein seltsamer Fall unter: ein nackter Mann am Ufer des Havelsees. Es stellt sich heraus, daß dieser Mann ein hoher Parteibonze war. Weitere Morde geschehen und wir begleiten März die nächsten sieben Tagen bei seinen äußerst schwierigen und gefährlichen Ermittlungen.

Ein ungeheuer spannender Kriminalroman, eine Fiktion (stets aus den bekannten historischen Fakten, Stand 1992, gespeist) von großer Intensität und ganz nebenbei und nicht zuletzt Geschichtsunterricht, der mit moralinsauren Gedenkveranstaltungen oder nichtsagenden Opferzählen im Schulunterricht rein gar nichts zu tun hat. Eine unbedingte Leseempfehlung!

In diesem Zusammenhang eine weitere Empfehlung:

Dystopische Literatur · Literarische Dystopien und Katastrophenszenarien

4 Kommentare on "Robert Harris: Vaterland"


  1. Ich lese mich hier gerade fest. Interessanter/es Blog.

    Mit Mr. Harris Werk von 1992 allerdings – hm – da steh ich auf Kriegsfuss. Was zunächst in der Reklame so sensationell klang und damals in Thomas Gottschalks late night show auf RTL clever beworben wurde, entpuppte sich – nach meinem Geschmack – als spannungsloser, fader Krimi.

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    1. Danke für’s Festlesen. Werde morgen Abend ein wenig zurück-lesen.

      Leider kann ich zu »Vaterland« nicht mehr viel sagen, ist sechs Jahre her und ich bin ziemlich vergesslich. Damals schien mir das Buch gefallen zu haben …. 🙂

      Beste Grüße!

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