Simenon

Diogenes, 2008, 176 Seiten, ISBN: 978-3-257-23807-5. Auch als E-Book erhältlich.

Lange Zeit hieß meine Prämisse: Romane von Georges Simenon immer wieder mal, aber bitte die Non-Maigrets. Folgerichtig nenne ich die wunderbare 50-bändige Romanauswahl von Simenons Werken aus dem Hause Diogenes mein eigen. Nun sind Vorurteile dazu da, ab und an überprüft zu werden, und so hatte ich schon vor einiger Zeit versuchsweise und ein wenig skeptisch zu einem Maigret gegriffen. Und er hatte mir tatsächlich gefallen. Heute wieder so ein Tag: Was soll ich bloß lesen? Ah, da gibt es noch ungelesene Maigrets, die sich in meinem Reader tummeln. Ich entschied mich für einen sehr frühen Krimi, aus der ersten Staffel sozusagen: „Maigrets Nacht an der Kreuzung” von 1931.

DER MANN, DER DEN ZÜGEN NACHSAH
Diogenes Verlag, 272 Seiten, ISBN 978-3-257-24110-5

Kees Popinga erfährt von seinem Chef, daß dessen Firma betrügerischen Konkurs macht. Er verliert damit nicht nur seine Arbeit, sondern auch noch alles Ersparte. Und er beschließt, nicht mehr wehmütig den Zügen nachzusehen, sondern sein Leben selbst in die Hand zu nehmen. Er bricht aus und verläßt Frau und Kinder. Wenig später ermordet er die Geliebte seines Chefs, weil diese ihn auslacht. Diese Geschichte kann nicht gut ausgehen. Poponga versucht sich zu befreien, er agiert geschickt, naiv, manchmal brutal. Aber der Kreis um ihn wird eng und enger. Und wir Leser ahnen, daß er scheitern wird. Ist er wirklich gescheitert am Schluß? Oder hat er sich befreien können?

Ich klappe das Buch zu und bin mir nicht sicher. Ich weiß aber, daß mich Simenons Romane immer wieder aufs Neue gefangennehmen.

Da hat er einfach recht: „(: war kein übler Einfall, vom RAABE so’n halbes Dutznd der kurz=&=gutn 200=Seiter …“, so schreibt Arno Schmidt und er meint Romane wie Stopfkuchen, Das Odfeld, Horacker, Pfisters Mühle oder den Abu Telfan. Ich weiß nicht, ob AS die Romane von Georges Simenon geschätzt hat, aber meines Erachtens könnte man dieses Kompliment auch Simenons Non-Maigret Romane zusprechen. Nur das es eben um ein Vielfaches mehr als ein halbes Dutzend sind …

Nachdem ich mir die besten der Maigret Romane in der neuen Hardcover Ausgabe von Diogenes besorgt und gelesen hatte, war noch ein Wunsch offen: bitte diese wunderbar ausgestattete Reihe (gebunden, klein, mit Lesebändchen, 9 € pro Band) auch mit den Non-Maigret Romanen von Georges Simenon, das wärs. Und nun ist es soweit: Angefangen mit der Verlobung des Monsieur Hire und Tropenkoller im Oktober, für November Das Haus am Kanal und Der Mann aus London, werden insgesamt fünfzig Romane in der Reihe „Ausgewählte Romane“ veröffentlicht, jeden Monat zwei.

Kommen die Maigret Romane bisweilen ein wenig antiquiert daher, wirken die Maigret Romane auf mich seltsam zeitlos. Fast immer sehr spannend, auch philosophisch, nie prätentiös, ziehen sie einen in ihren Bann. Das Richtige für ein Wochenende auf der Couch. Mehr kann man einfach nicht verlangen, oder?

PS.: ich weiß schon, einige wenige Romane haben mehr als 200 Seiten, so wie die unvergesslichen Glocken von Bicêtre, aber das ist die Ausnahme und macht rein garnichts.