1965 – 2006 – 2012, das sind die Stichdaten für diesen erstaunlichen Vertreter des American-Primitive-Style. Harry Taussig, ein legendäres Debüt 1965, im Stil von John Fahey und den klassischen Ragtime und Bluesvertretern, die langersehnte Wiederveröffentlichung als CD 2006 und eine kaum noch erwartete und wunderbare zweite CD mit zehn neuen Stücken 2012. Aber der Reihe nach:
1965 veröffentlichte Harry Taussig auf John Faheys Label Takoma Records eine unter Anhängern des American-Primitive-Style viel gerühmte LP: „Fate Is Only Once“. In weniger als einer Stunde nimmt er 12 Songs auf, alles Instrumentals, beeinflußt von Reverend Gary Davis und vielen anderen Blueskünstlern, von John Fahey, auch Ravi Shankar, von Folk, Ragtime, Klassik, Rock und Jazz. Enorm phantasievolle Arrangements sind das, immer spannend, nicht auf Perfektion bedacht (man kann tatsächlich hier und da ein kleines Verspielen hören), sondern auf Spontanität und Inspiration. Taussig ist ein Könner und sein knapper, etwas düsterer und in sich gekehrter Stil zieht einen spätestens beim zweiten oder dritten Hören in den Bann. Von dieser LP wurden nicht sehr viele Kopien gefertigt und so wurde die Scheibe eine Legende, zumal es von Harry Taussig nach drei von ihm herausgegeben Gitarrenlehrbüchern nichts mehr zu hören gab (man kann im Internet nachlesen, wie besorgte Fans nachfragen, ob er noch am Leben sei). Harry Taussig wurde Professor für Fotografie am Orange Coast College in Kalifornien. Über 30 Jahre fasste er keine Gitarre mehr an. Nachdem „Fate Is Only Once“ 2006 endlich, diesmal als CD wiederveröffentlicht wurde, begann es bei Taussig (Freunde sollen mitgeholfen haben) wieder in den Fingern zu jucken.
Harry Taussig kaufte sich eine National Steele Tricone, brachte sich wieder in Form und begann neue Stücke zu schreiben. 2012, 47 Jahre nach Veröffentlichung seiner LP, war es dann soweit: „Fate Is Only Twice“ erschien. Zugegeben: die Finger sind nicht mehr ganz so schnell und elastisch, aber sein Spiel ist immer noch erstaunlich, sein Stil hat sich erhalten, lediglich die Einflüsse haben sich über die Jahre geändert: Die „Blueslastigkeit“ ist einer mehr klassischen und meditativen Spielweise gewichen. Mehr noch als seine erste Veröffentlichung verlangt diese CD mehrfaches Hören. Grad der engagierte Gitarrist wird hierfür reichlich belohnt. Man höre nur wie Rondo In D auf das 47 Jahre zurückliegende Rondo To Death echot. Auf das zunächst in seine Fragmenten aufgeteilte Third Man Theme, schroff, polternd, bis es ganz lieblich-bedrohlich, wie man es kennt, daherkommt. Oder Living In The City auf der 12-saitigen Gitarre: komplexe Obertonreihen feiern ein Fest der Phantasie…. ??
Okay, okay, bevor die Gäule mit mir gänzlich durchgehen: ich liebe beide CDs und schätze sie von Hören zu Hören mehr. Der Zugang zu „Fate Is Only Once“ ist wahrscheinlich etwas einfacher. Leicht kann man auf Youtube Kostproben finden. Auf Amazon ist es möglich, sich die Stücke von „Fate Is Only Twice“ anspielen zu lassen, was aber ihren „Wert“ nicht wirklich widerspiegeln kann. Zu haben als Download an den bekannten Stellen für je knappe 10 €.
(Dies ist eine Kopie meiner Rezension für rockblogbluesspot.com)