Victoria Schlederer: Des Teufels Maskerade
DES TEUFELS MASKERADE
Heyne Verlag, 544 Seiten, ISBN 978-3-453-52889-5

Dieser Buchtitel, das Cover mit stilisierten Flügeln und Maske verziert, rot, auf weißem Hintergrund… naja. Weiter lese ich auf der Rückseite und im Klappentext: Es ermittelt ein Büro für okkulte Angelegenheiten im Prag des Jahres 1909. Dejan Sirco, Hauptmann a.D und Hobby-Rennfahrer, ermittelt. Er wird unterstützt von eine lebensweisen Dirne namens Esther, Mirko, einem ehemaligen Straßenjungen, und nicht zuletzt von Lysander Sutcliffe, der, wirklich wahr, aufgrund eines magischen Unfalls als Otter leben muß. Der Fall? Nun, ein gewisser Felix Trubic, Geheimagent, wird von einem grausamen Familienfluch bedroht. Außerdem gibts da eine dunkle Verbindung aus Jugendtagen zu Dejan. Last but not least treibt Master Buckingham, seines Zeichens Vampir, sein Unwesen. Um ehrlich zu sein: das ist eher nichts für meinen Literaturgeschmack.
Doch es kam anders … und das kam so: „Fortunas Flug“, so heißt das aktuelle Buch von Victoria Schlederer, wurde sehr wohlwollend im Bücherdiwan auf Bayern2, den ich mir regelmäßig als Podcast auf mein iPhone lade und meist während meines Donauwalks höre, besprochen. Dabei wurde auch ihr Erstling und dessen Erfolg, eben „Des Teufels Maskerade“, erwähnt. Das machte mich neugierig und ließ mich ein preisgünstiges Mängelexemplar dieses 542 Seiten starken Debütromans erstehen und versuchen.
Zuerst fällt da die Form auf, „Des Teufels Maskerade“ ist nämlich eine Art Briefroman, genauer: die Handlung wird in Briefen und Tagebucheinträgen der Protagonisten erzählt. Das hat den Effekt, daß man allein durch die Sprache sich ins Zeitalter des Jugendstils zurückgeworfen fühlt. Der Roman spielt um 1909 mit Sprüngen zurück ans Ende des 19. Jahrhundert in Prag und Wien. Diese „Retrosprache“ ist der Autorin hervorragend gelungen, ganz ungekünstelt und mit viel Gespür für Witz und Ironie. Wer allerdings eine temporeiche Handlung erwartet, wird gänzlich enttäuscht. Finger weg! Denn selbst derjenige Leser, der viel Geduld aufbringt, wird manchmal ein wenig auf die Probe gestellt: das Buch hat durchaus Längen. Längen, die trotzdem unterhalten, aber man wünscht sich doch hier und da ein ganz klein wenig zügigeres Voranschreiten der Handlung, denn der Plot selbst paßt durchaus. Anders ausgedrückt: 350 statt über 500 Seiten, so wäre der Roman ein Hit gewesen. Noch ein kleine Schwäche sind die psychologisch nicht sehr fein gezeichneten Personen. Die Figuren sind überaus originell, wirklich nah kommen sie einem aber nicht. Das stört zwar nicht weiter, bleibt aber festzuhalten. So ist „Die Maskerade des Teufels“, angesiedelt zwischen den Genres Fantasy und Historischen Roman und doch ganz eigen, ein Buch, das richtig Appetit auf mehr macht: „Fortunas Flug“ ist bereits gekauft.

Edlef Köppen wurde 1893 geboren. Er war Kriegsfreiwilliger und nahm von Oktober 1914 bis Oktober 1918 am I. Weltkrieg teil. Seine Erfahrungen verarbeitete er in seinem bekanntesten Roman „Heeresbericht“, der 1930 veröffentlicht wurde. 1939 starb Köppen an den Folgen einer Kriegsverletzung.
Ich habe keine Ahnung, wie der Autor das gemacht hat: einen gewöhnlichen Kriminalroman, mit einem gewöhnlichen Plot geschrieben und doch etwas Besonderes geschaffen zu haben. Es muß mit den häufig wechselnden Erzählebenen und Perspektiven zu tun haben, denn der Plot selbst kommt eher konventionell daher …
Es ist spätabends, der Fernseher bleibt aus. Ich liege auf der Couch. Nippe gelegentlich am Glas Rotwein. Vor meinen Augen geht Martin Terrier seiner Arbeit nach. Er ist ein Berufskiller. Auf den ersten Seiten tötet er zwei Menschen in Liverpool, zurück in Paris lenkt er seinen Citroen durch die nächtliche Metropole. Er will aufhören, hat genug, will den Rest seiner Tage mit seiner Jugendliebe Alice verbringen. Doch das ist nicht so einfach, denn seinem Auftraggeber Mr. Cox paßt das gar nicht… es gibt eine Menge Probleme.
Dem letzten Kapitel seines 1992 erschienen Romans Vaterland (engl.: Fatherland) stellt Robert Harris ein Zitat aus Primo Levis „Die Atempause“ voran. Levi läßt einen SS-Offizier Folgendes sagen: „Wie immer dieser Krieg auch enden mag, wir haben den Krieg gegen euch gewonnen; von euch wird niemand übrigbleiben, um Zeugnis abzulegen, aber selbst wenn jemand übrigbleiben sollte, würde die Welt ihm nicht glauben. Es wird vielleicht Verdacht geben, Diskussionen, Untersuchungen von Historikern, aber es wird keine Gewißheit geben, denn wir werden die Beweise zusammen mit euch zerstören. Und selbst wenn einige Beweise übrigbleiben und einige von euch überleben sollten, werden die Leute doch sagen, daß die Vorgänge, die ihr beschreibt, viel zu monströs sind, um glaubhaft zu sein: Sie werden sagen, daß das Übertreibungen der alliierten Propaganda sind, und uns glauben, die wir alles abstreiten werden, und nicht euch. Wir werden die Geschichte der Lager diktieren!“
In dieser 2011 erschienenen Graphic Novel des Amerikaners Craig Thompson (sein „Blankets“ erhielt 2005 auf der Frankfurter Buchmesse den Preis als bestes Comic des Jahres) wird eine Geschichte wie aus Tausendundeiner Nacht erzählt, eine moderne Odyssee, eine islamische (und zugleich biblische) Mythologie in Bildern … eine Huldigung der Kalligraphie, des gesprochenen und geschriebenen Wortes und ein leidenschaftliches Plädoyer für die Liebe. Die 660 Seiten von Habibi (zu übersetzten mit „mein Geliebter“) bieten das alles und noch vieles mehr … ein ganz und gar wunderbar-wunderliches Buch.
Waren Asterix und Obelix und später Hergés Tim und Struppi die Comic-Helden meiner Kindheit und Jugend (und grad Hergés Zeichnungen liebe und bewundere ich heute noch mehr), so wurde ich von Jaques Tardi in die Welt der Graphic Novel eingeführt. Sein Nester Burma ist der fleischgewordene Held aus den Geheimnissen von Paris von Leo Malet (und nicht der Burma dieser unsäglichen Fernsehreihe, die mit der Atmosphäre der Malet Krimis nichts gemein hat). Seit ich Tardi kenne interessieren mich Graphic Novels.
Vorgestern habe ich den neuen und vielgerühmten Roman Vom Ende einer Geschichte von Julian Barnes zu Ende gelesen. Aufmerksam wurde ich auf das Buch, weil es in allen Kulturmedien besprochen wurde, schließlich erhielt Barnes für diesen Roman den Booker Price. Von Julian Barnes kannte ich bisher Flauberts Papagei und die Kavanagh Krimis.
Es gibt Bücher, die mag ich nach Jahrzehnten noch einmal lesen. Ich erinnere mich, daß ein Buch mir einst viel bedeutet hat und bin gespannt, was mit mir bei erneuter Lektüre geschieht. Doch oft genug geht das dann gar nicht, wie bei mir mit Hesse oder Frisch. Oder mir zeigt das Buch wie in einem Spiegel, wie ich mich im Laufe der Zeit verändert und gewandelt habe. Arno Schmidt, Thomas Bernhard oder auch Adalbert Stifter und Wilhelm Raabe vermögen das, jeder auf seine Weise.
„Ich habe gewonnen,