Wo die Naab in die Donau
Es ist fast sieben geworden, nach Feierabend, Heimfahrt und Wochenendeinkauf. Draußen hat es noch 25 °C. Egal, es wird dieses Wochenende nicht mehr kühler. Also Walkingstöcke in die Hände nehmen und los geht es. Gegen acht, kurz vor der Umkehr und nahe der Stelle, wo die Naab bei Mariaort in die Donau mündet, dieses Bild voller Abendstimmung. Auf dem Rückweg kommt die Dunkelheit schnell.

Antiquarisch, als eBook oder als PDF-Download erhältlich. 379 Seiten in der Braunschweiger Ausgabe, Band 8.

Ich lese gern und immer wieder Romane von Wilhelm Raabe (1831-1910). Ich mag die scheinbare Behaglichkeit, hinter der jederzeit eine Katastrophe lauern mag, diese etwas umständliche, manchmal an Jean Paul erinnernde Erzählweise, deren Handlung aber zielgerichtet vorangetrieben wird. Überhaupt: Raabe zu lesen bedeutet, sich auf eine Entdeckungsreise zu begeben, sowohl was das Erzählte, als auch die literarische Form angeht. Hier sind entschleunigtes Lesen und Einlassen auf einen sehr eigenen Erzählstil gefragt, die Belohnung folgt garantiert. Raabe hat sehr viel geschrieben, denn er war ein Berufsschriftsteller. Nicht alles ist gut, vieles aber großartig und wer etwas vom bürgerlichen Leben im Deutschland des 19. Jahrhunderts (Gesellschaftskritik eingeschlossen) wissen will, kommt an Raabe nicht vorbei. „Der Schüdderump“ (1870) ist aus seiner mittleren Periode. Neben dem unsäglichen „Der Hungerpastor“ (1863) und dem interessanten „Abu Telfan“ (1867) stellt „Der Schüdderump“ den Höhepunkt der Stuttgarter Trilogie dar und leitet zu den folgenden großartigen Romanen und Erzählungen der späteren Werke. Vor einer Woche habe ich den Schüdderump ausgelesen und bin noch ganz angefüllt von der Lektüre. Und da es draußen unerträglich schwül und heiß ist und die Hausarbeit auch nicht übermäßig lockt, sollen ein paar Zeilen über diesen wunderbar-traurigen Roman aufgeschrieben werden.

Diogenes 2013, ISBN 978-3-257-24224-9, 592 Seiten, auch als eBook erhältlich.

Fragt man mich nach meinen Lieblingsbüchern, so nenne ich neben anderen auch gern „Das Herz ist ein einsamer Jäger (The heart is a lonely hunter)“ von Carson McCullers. Ich verschenke das Buch sehr oft, selbst gelesen habe ich es vor vielen, vielen Jahren. Als ich vor wenigen Wochen das Buch wieder einmal als Geschenk verpackt habe, kamen mir die Idee und auch die große Lust, es erneut zur Hand zu nehmen. Es ist bekanntlich immer eine spannende Angelegenheit, ein geliebtes Buch nach langer Zeit wieder zu lesen. Enttäuschung, neue Perspektiven, Déjà-vu-Erlebnisse, Bewußtwerdung der eigenen Entwicklung … vieles ist möglich und so war ich sehr gespannt.

C.H.Beck, 2014, ISBN 978-3-406-66751-0, 528 Seiten, auch als eBook erhältlich.

Kriegsende vor siebzig Jahren, da war es auch an mir, eine zum Ereignis passende Neuerscheinung zu lesen. Fast neu, denn „Alles Licht, das wir nicht sehe“ erschien bereits 2014 als deutsche Übersetzung. Inzwischen gibt es viele positive Besprechungen hierzulande und Anthony Doerr hat für den Roman den Pulitzerpreis 2015 in der Sparte Belletristik erhalten.

Es geht in diesem über fünfhundert Seiten starken Werk in der Hauptsache um zwei Personen: Marie-Laure ist ein junges, selbstsicheres, früh erblindetes Mädchen, das während des 2. Weltkriegs aus dem besetzten Paris zu ihrem Onkel nach Saint-Malo fliehen muß. Von ihrem Vater, einem begnadeten Handwerker und Mitarbeiter des „Muséum National d’Histoire Naturelle“, hat sie ein Holzmodell Saint-Malos geschenkt bekommen, damit sie sich ihre Umgebung ertasten kann. In diesem Modell, respektive in einem Haus des Modells, ist ein blauer, mit mystischer Bedeutung aufgeladener Diamant versteckt. 1944 beginnt in Saint-Malo die Befreiung durch die Alliierten. Wegen ihres Handicaps verpaßt es Marie-Laure, aus der umkämpften Stadt zu fliehen. In dieser Situation trifft sie auf Werner Hausner.

In der Zeit von 2006 bis 2009 hat Bob Dylan für den Satelliten- und Internetradiosender Sirius XM  über 100 Radiosendungen moderiert: Eine wilde Mischung aus Folk, Blues, Rock und Pop. Eine wahre Schatztruhe, von HisBobness himself präsentiert. Vor ein paar Jahren habe ich mir mühsam alle 106 folgen heruntergeladen, inzwischen geht das einfacher, denn es gibt eine superb gestaltete Webseite, die keine Wünsche offen läßt. Hier mal vorbeizuschauen und zu stöbern wäre eine unbedingte Empfehlung: www.themetimeradio.com. (Allein die Cover: Klasse!)

Oktoberfest-Denkmal (Wikipedia)
Das eben begonnene Jahr könnte ein aufregendes für die noch lebenden und die Angehörigen und Freunde aller Opfer des Münchner Oktoberfestattentats von 1980 werden. Und ein aufregendes Jahr für Rechtsanwalt Werner Dietrich, der die Opfer des Anschlags seit Beginn an vertritt, sowie für Ulrich Chaussy, Journalist, Buchautor und ebenfalls seit den frühen 1980ern ein vehementer Kritiker der staatlichen Ermittlungen in diesem Fall. Im November letzten Jahres meldete die Süddeutsche Zeitung, daß die Bundesanwaltschaft erwäge, die Ermittlungen zum Oktoberfestattentat wieder aufzunehmen, da auf Antrag des Opferanwalts Werner Dietrich eine neue, offensichtlich sehr glaubwürdige und wichtige Zeugin angeführt wurde. Diese Zeugin kenne den Namen eines zweiten Täters. Dieses Jahr nun die Meldung, daß der Generalbundesanwalt Harald Range von den deutschen Geheimdiensten die Herausgabe aller Akten, die in Bezug zum Attentat stünden, gefordert hätte. Auch wenn viele Chancen der Aufklärung des folgenreichsten Terroranschlags auf deutschen Boden längst vertan wurden (man denke nur an die Vernichtungen der Asservate und die heutigen Möglichkeiten der DNA-Analyse), scheint nun alles wieder auf Anfang gestellt. Vierunddreißig Jahre danach …