Straßburg

S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2008, ISBN: 978-3-10-015556-6, 576 Seiten, als Taschenbuch und E-Book erhältlich.

Ich habe also auch den zweiten Band des zweiten Teils, oder wenn man die einzelnen Bände als Maß nimmt, den dritten von vier Teilen von Alfred Döblins »November 1918 – Eine deutsche Revolution« gelesen. Als ich »Heimkehr der Fronttruppen« begann, hatte ich bereits 950 Seiten über die deutsche Revolution gelesen, und ich gebe zu, dass ich gewisse Bedenken hatte, ob nicht mein Interesse am Thema nachlassen könne, zumal die vier Bände von Buch zu Buch immer umfangreicher werden. Es traf sich gut, dass dieser dritte Band mir bisher am besten gefallen hat. Die Handlungen verdichten sich und die Konzentration auf wenige Personen fördern die Leselust. Wir starten am 8. Dezember 1918, Woodrow Wilson, der amerikanische Präsident betritt die europäische Bühne mit dem Plan, einen Völkerbund zu gründen. Der große Vernünftige hat keine Chancen gegen die europäischen Alphatiere, die sich an Deutschland für vergangene Untaten rächen wollen. Im letzten Kapitel des Buches, eine Art Ausblick, wird eindrucksvoll erzählt, wie dieses Scheitern bereits die Saat für weit Schlimmeres streut. Die eigentliche Handlung dieses Teils endet am 14. Dezember. Es wird Zeit, die wichtigsten Personen zu erwähnen.

S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2008, ISBN: 978-3-10-015555-9, 492 Seiten, auch als Taschenbuch und E-Book erhältlich

Der zweite Band von »November 1918. Eine deutsche Revolution« »Verratenes Volk« erschien nach langer und komplizierter Entstehungsgeschichte 1948. Alfred Döblin war seit 1933 mit seiner Familie auf der Flucht, 1939 schließlich aus Frankreich in die USA. In Kalifornien, unter äußerst schwierigen Lebensumständen, war 1941 die Abschrift des zweiten Teils der Trilogie fertig geworden, ein Verleger konnte aber nicht gefunden werden. 1942 schließlich die Entscheidung, das zweite Buch in zwei Teile herauszugeben: »Verratenes Volk« und »Heimkehr der Fronttruppen«. So wurde aus der Trilogie eine Tetralogie. Der Zeitraum der Handlung dieses Bandes erstreckt sich von 22. November bis zum 7. Dezember 1918, vom Sturm auf das Berliner Polizeiministerium bis zum Schießen auf demonstrierende Spartakisten, befohlen vom SPD Stadtkommandanten Otto Wels. Döblin teilt diesen ersten Band des zweiten Teils der Trilogie (ich bleibe jetzt bei dieser Benennung) in fünf Abschnitte (Bücher genannt). Die einzelnen Kapitel der Bücher werden mit Überschriften versehen, manche werden um vorangestellte kurze, oft ironische Zusammenfassungen erweitert (man kennt das vielleicht aus »Berlin Alexanderplatz«). In der Hauptsache ist jetzt Berlin Handlungsort und die im ersten Teil vorgestellten Person werden weiter entwickelt. Eine andere Person, die später von großer Wichtigkeit sein wird, hat ihren ersten zaghaften Auftritt: Rosa Luxemburg.

S. Fischer Verlag, 2008, 2013, ISBN 9783100155542, 416 Seiten, als Taschenbuch und E-Book erhältlich

1939 erscheint der erste Druck von »November 1918. Eine deutsche Revolution. Erzählwerk in drei Teilen. Erster Teil: Bürger und Soldaten 1918«. Das Erzählwerk wird am Schluss vier Bücher umfassen, da der zweite Teil in zwei Teilbänden aufgeteilt ist. Deshalb werde ich hier trotz des Titels von einer Tetralogie sprechen. Seinen Abschluß wird »November 1918« mit »Karl und Rosa« 1943 finden. Auf den Erstdruck in deutscher Sprache wird dieser letzte Teil bis 1950 warten müssen. 1939 befindet sich Alfred Döblin, der 1878 als Sohn assimilierte Juden in Stettin geboren wurde, mit seiner Familie im Exil in Paris, ein Jahr später wird er nach den USA auswandern müssen, da der Einmarsch der deutschen Truppen in Frankreich bevorsteht. Döblin ist Sozialist (oder liberaler Linker, aber eigentlich lässt er sich kaum verorten, sitzt immer zwischen den Stühlen) und jüdischer Abstammung. In Deutschland werden seine Bücher verbrannt. Er hat neben zahlreichen anderen Werken bereits »Die drei Sprünge des Wang-Lun«, »Wallenstein«, »Berlin Alexanderplatz«, die Amazonas-Trilogie oder »Pardon wird nicht gegeben« veröffentlicht. Weltberühmt wird er mit »Berlin Alexanderplatz«. Seine Tetralogie über die Ereignisse der Novemberrevolution von 1918, an der er im Exil sechs Jahre von 1937 bis 1943 schrieb und die am Schluss fast zweitausend Buchseiten füllen wird, wurde lange Zeit vernachlässigt. Vollkommen zu Unrecht.