Vargas Llosa

DAS FEST DES ZIEGENBOCKS
Suhrkamp Verlag, 538 Seiten, ISBN 978-3-518-41232-9

Es ist das populärste Buch des letztjährigen Literaturnobelpreisträgers. Da wurde ich neugierig und habe mir den über 500 Seiten starken Roman zur Hand genommen.

Die Geschichte: 1961 regiert General Trujillo, genannt der Ziegenbock, die Dominikanische Republik. Er tut dies mit Verführung und zügelloser Gewalt. Es ist das Jahr, in dem er von einer Gruppe von zum Teil ehemaligen Anhängern umgebracht wird. 1996: Urania Cabral kommt viele Jahre nach diesen Ereignissen aus dem Exil zurück, um ihren schwerkranken Vater und ihre Familie wiederzutreffen. Ihr Vater gehörte zu der engen Gefolgschaft des Diktators, seit zehn Jahren ist er nach einem Gehirnschlag gelähmt und stumm. Urania, die in New York Karriere gemacht hat, bezahlt die Pflegekosten, wohl mehr aus Haß denn aus Mitleid. Erst am Schluß des Romans werden die Motive hierfür deutlich. Auch der Titel des Buches erschließt sich erst am Ende vollständig.

Beleuchtet werden nun dieses Treffen mit ihrer Familie und ihrem Vater, ihre gemeinsame Vergangenheit, das Leben des Ziegenbocks und die Ereignisse um die Verschwörer, ihre Motive und Erinnerungen, das Attentat selbst und die Folgen.

Ja, das ist ein Diktatorenroman, das kann man sagen. Ich hatte nach dem Lesen das Gefühl, mehr über das „System“ Diktatur zu wissen, und das keineswegs allein die Gewaltherrschaften in lateinamerikanischen Ländern betreffend. Es geht auch um Chauvinismus, Sexismus und Verachtung: mit das Erste, was Urania bei ihrer Rückkehr bemerkt, ist der „vermessend“-abschätzige Blick der Männer in ihrer Heimat, der so in ihrer Wahlheimat New York nicht denkbar ist. Das Fest des Ziegenbock ist ein Roman, der stellenweise schockiert und viele Fragen über das Wie und Warum von Gewaltherrschaft stellt.

Llosas Stil hat mich nicht allzusehr fasziniert. Kein Zauber, der mich gefangengenommen hätte, aber dafür (fast) durchweg sehr spannend. Nur manchmal, wenn er zum Beispiel die Vergangenheiten und Motive der Attentäter hintereinander erzählt, ist das eher etwas ermüdend. Auf der anderen Seite: die Beschreibung der Folterungen der gefangenen Attentäter hinterläßt einen tiefen Eindruck. Hier ist Llosa nicht auf Effekt aus, vielmehr erzählt er fast lakonisch, und wohl deshalb berührt es einen so stark.