Haas

Es ist immer zu viel los und die benötigten Pausen (= einfach nur blöd schauen) werden mit zunehmenden Alter länger. Deshalb erst jetzt der Rückblick auf meinen ersten Lesemonat im neuen Jahr. (Ein wenig Gitarre habe ich übrigens wieder gespielt, was sehr erfreulich ist, denn die olle Schulter scheint wieder mitzumachen.) Aber bleibe ich bei den Büchern: Die erste Lektüre dieses Jahr war ›Mario und der Zauberer‹ von Thomas Mann. Kennt man natürlich, aber vielleicht ist es schon länger her, dass die Novelle gelesen wurde. Dann schreiben ja alle Zeitungen von Wolf Haas und seinem neuen raffinierten Roman ›Wackelkontakt‹. Natürlich war ich ein Fan von Brenner, warum also nicht zu dem gelben Buch mit dem unscharfen Cover greifen? Last but not least sollte es ein Krimi sein. Oder vielleicht doch eher ein Roman? ›Die Aosawa Morde‹ von Riku Onda.

Hoffmann und Campe, 240 Seiten, ISBN 978-3-455-40418-0

Eine Konstruktion wie ein Escher-Bild, so oder so ähnlich könnte man dieses Buch nach seiner Besonderheit gefragt beschreiben: Der Held (und Freund des Autors) Benjamin Lee Baumgärtner verliebt sich immer wieder aufs Neue an Orten (London bis Bienenbüttel), an denen grad eine Seuche (von Rinderwahnsinn bis  EHEC) ausbricht. Nebenher sucht er nach seinem indianisch-stämmigen Vater. Im Buch treten aber auch das Buch selbst und der Autor auf. Situationen werden typografisch dargestellt und verdeutlicht (ein Hoch auf die Druckkunst!) und um zu zeigen, wie man nichts versteht, wenn in einem Raum chinesisch gesprochen wird, werden schon einmal ein paar Seiten mit chinesischen Schriftzeichen gedruckt. Das ist intelligente Spielerei, ohne Frage gelungen, aber mit der Zeit auch ermüdend. Ebenso wie das gewollte Verzögern der Handlung,um langen Diskussionen über Sprache Raum zu geben. Eine intellektuelle Spielwiese, auf der sich zu amüsieren Wolf Haas den Leser einlädt. Vom typisch lakonisch-flapsigen Haas-Ton bleibt bedauerlicher Weise zu oft nur die Weitschweifigkeit. Konstruktion frißt Flair, hätte mein Urteil gelautet, wäre da nicht der wirklich amüsante Schluß gewesen. Plötzlich wird wieder erzählt, überraschend und sehr witzig. Ich schließe das Buch lachend, aber auch ein wenig ratlos.