Joost Zwagerman: Duell

Weidle Verlag, CulturBooks Verlag (eBook-Ausgabe), beide 2016, 160 Seiten, Übersetzung und Nachwort von Gregor Seferens, ISBN 978-3-938803-81-3, 978-3-9598-805-3

„Eine sich ereignete unerhörte Begebenheit“, so kennzeichnete der Dichter Goethe eine Novelle. Joost Zwagermans „Duell” gehört zu dieser Gattung und erzählt von einem unerhörten Ereignis. Eine Novelle ist naturgemäß kurz, Spoilergefahr droht und deshalb sei nicht viel mehr als die Ausgangsposition und das folgende schockierende Vorkommnis verraten: Jelmer Verhoff, einst Galerist voller Idealismus, jetzt Leiter des Hollands Museums in Amsterdam, organisiert die letzte große Ausstellung vor der Schließung des Museums wegen umfassenden Renovierungsarbeiten. Diese letzte Ausstellung heißt „Duel”. Ausschließlich junge Künstler werden ihre Projekte in Kontrast zu den Bestandswerken der Kunstsammlung realisieren können. Eine der wenigen traditionell malenden Künstlerinnen ist die Kopistin Emma Duiker. Sie fertigt Repliken des um die 30 Millionen Euro teuren modernen Klassikers „Untitled No. 18” von Mark Rothko. Sie versteht den Prozess der Herstellung als eine Art Offenlegung der Künstlerseele des Malers. Soweit alles ganz harmlos und Kunst eben.

Doch schon zu Beginn des ersten der beiden Prologe erfahren wir, dass eine Faust, nämlich die des Direktors, für einen künstlerischen Verriss sorgen wird. Wie kommt es dazu? Verhoff muss nach der Ausstellung mit Hilfe seines Restaurators Olde Husink feststellen, dass sich das Originalbild nicht mehr im Kunsttempel befindet. Es ist auf Reisen gegangen, und zwar als Teil echter Konzeptkunst à la Emma Duiker: Die Kunst wird sozusagen dem Volke zurückgegeben. Der Direktor und sein Restaurator machen sich auf die Suche nach dem Bild und landen in Slowenien.

Soweit die Handlung, es passiert noch einiges. Die Erzählung ist aufgeteilt in zwölf Kapiteln, die in zwei Prologen und wiederum zwei Epilogen eingebettet sind. Den Abschluss der Publikation bildet ein Nachwort „In memoriam Joost Zwagerman” des Übersetzers Gregor Seferens. „Satire des Kunstbetriebs”, wo man auch hinschaut, sollte man sich für das Buch interessieren, fällt dieser Begriff. Dabei ist „Duell” noch viel mehr. Die Hauptfiguren leben, sind auf beeindruckende Weise glaubwürdig. So scheint zwischen Satire und Slapstickelementen immer wieder eine existenzielle Traurigkeit durch, die so eingearbeitet große Wirkung auf den Leser, die Leserin hat. Unter anderem wird auch eine Liebesgeschichte angedeutet, die doch ganz Sehnsucht bleiben muss. Mit anderen Worten: „Duell” führt nicht nur humorig und mit viel Witz den Wahnsinn des Kunstbetriebs vor Augen, sondern kraft der außerordentlichen Mitteln des Autors zeigt die Novelle, sozusagen en passant, tiefes Mitgefühl für seine Protagonisten. Diese Novelle hat Wirkung und ist ein echter Höhepunkt meines Lesejahres. Im Nachwort von Gregor Seferens erfahren wir einiges Wissenswertes über den Menschen und Autor Joost Zwagerman, der 2015 seinem Leben ein Ende setzte.

PS.: Vielfach wird die Buchgestaltung Friedrich Forssmans in der Ausgabe des Weidle Verlags gelobt. Als überzeugte Leserin elektrischer Bücher kann ich dazu nichts sagen, will es aber gern glauben und so sollte es erwähnt werden.

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