Donald Ray Pollock: Das Handwerk des Teufels

Liebeskind Verlagsbuchhandlung, 2011, ISBN 9783935890854, 302 Seiten, auch als Ebook erhältlich.

Bestie Mensch. Auf knappe dreihundert Seiten eine Ansammlung von Brutalität, Tücke, Amoralität, Hinterlist und religiöser Perversität. Menschen am Abgrund und in Düsternis, den Schein von Zivilisation vortäuschend. Hauptsächlich in Virginia und Knockemstiff/Ohio spielt Ende der 1950er und während der 1960er Jahre dieser menschliche Irrsinn. Als puren Trash könnte man diesen Roman abtun, wäre da nicht noch einiges mehr, das dieses Buch auf eine Stufe mit Cormac McCarthys „Verlorene” stellt.

Da ist Willard Russell, der schwer traumatisierte Weltkriegsteilnehmer, der 1945 aus dem Krieg zurückkehrt. Er lernt die Kellnerin Charlotte kennen und heiratet sie. Seine alptraumhaften Kriegserlebnisse versucht er, mit alttestamentarischen Glauben zu kompensieren. Sowohl seine Frau als auch ihr späterer gemeinsamer Sohn Arvin leiden darunter. Als seine Frau an Krebs erkrankt, läuft sein Leben und das seiner Familie endgültig aus dem Ruder. So beginnt dieser Roman, der auch eine Art Thriller ist. Deshalb ist es schwierig, mehr zu verraten, da die Spannung, auf welche Weise verschiedene und miteinander verwobene Handlungsstränge sich entwickeln, ein wichtiger Bestandteil des Romans ist. Das Personal sind ein durchgeknalltes Predigerpaar, ein korrupter Sheriff, ein Paar, das Bonny & Clyde wie freche Schulkinder aussehen lässt, ein gottergebenes Mauerblümchen, einen Prediger, der in Wirklichkeit ein Verführer übelster Sorte ist, und noch viele mehr. Durchtränkt ist der Plot von Schweiß, viel Alkohol, Brutalität, vor allem aber von bigotter, archaischer und wahnhafter Religiosität. Ein einziger Alptraum.

Man ahnt schon früh, dass es in dieser Hölle keine Gewinner geben kann. Aber es gibt hin und wieder Spuren von Menschlichkeit. Szenen, manchmal nur ein Satz, der zu Tränen rührt. Bei all dem Trash bleiben die Figuren Menschen. Sie haben etwas mit uns zu tun. „Das Handwerk des Teufels” ist nicht nur spannend, es hat mich auch bewegt, angestrengt, manchmal erschüttert und nachdenklich zurückgelassen. Vielleicht ist es die Vergeblichkeit der Protagonisten, die auf irgendeine Weise ihr Glück suchen? Eine Glücksuche, die eher verzweifelten Versuchen des Entkommens aus der persönlichen Hölle gleicht. Ich kann die Gründe nicht genau benennen, aber für mich ist dieser Roman große Literatur, von der ich mich jetzt erst einmal wieder erholen muss.

PS.:
„Das Handwerk des Teufels” ist der Debütroman von Donald Ray Pollock aus dem Jahre 2011. 2008 erschien der Erzählband „Knockemstiff”. Eine ausführliche und kenntnisreiche Rezension dazu findet sich hier:
Donald Ray Pollock: Knockemstiff
Aktuell ist der neue Roman „Die himmlische Tafel” bei Liebeskind erschienen.

2 Kommentare on "Donald Ray Pollock: Das Handwerk des Teufels"

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert