Georges Simenon: Maigrets Nacht an der Kreuzung

Diogenes, 2008, 176 Seiten, ISBN: 978-3-257-23807-5. Auch als E-Book erhältlich.

Lange Zeit hieß meine Prämisse: Romane von Georges Simenon immer wieder mal, aber bitte die Non-Maigrets. Folgerichtig nenne ich die wunderbare 50-bändige Romanauswahl von Simenons Werken aus dem Hause Diogenes mein eigen. Nun sind Vorurteile dazu da, ab und an überprüft zu werden, und so hatte ich schon vor einiger Zeit versuchsweise und ein wenig skeptisch zu einem Maigret gegriffen. Und er hatte mir tatsächlich gefallen. Heute wieder so ein Tag: Was soll ich bloß lesen? Ah, da gibt es noch ungelesene Maigrets, die sich in meinem Reader tummeln. Ich entschied mich für einen sehr frühen Krimi, aus der ersten Staffel sozusagen: „Maigrets Nacht an der Kreuzung” von 1931.

Der Roman hat knappe einhundertsechsundsiebzig Seiten, aufgeteilt in elf Kapiteln. Er spielt überwiegend an einer Kreuzung nicht weit von Paris, in deren unmittelbaren Umgebung sich eine Tankstelle und zwei Wohnhäuser befinden. Der Roman beginnt aber mit einem Verhör, das Maigrets durchführt:

Als Maigret seinen Stuhl zurückschob und sich mit einem erschöpften Seufzer vom Schreibtisch erhob, waren genau siebzehn Stunden vergangen, seit das Verhör von Carl Andersen begonnen hatte.

Man ist gleich mittendrin und wundert sich, daß Verhöre siebzehn Stundern dauern können, dass zwischendurch das ein oder andere Bier gezischt wird und es keinen Grund zu geben scheint, mit dem Verdächtigen in irgendeiner Weise zimperlich umzugehen. Wir schreiben das Jahr 1931. Die Umstände – zwei ausgetauschte Auto und die Leiche eines Diamantenhändlers in einem dieser Autos – machen den Dänen Carl Andersen, der zusammen mit seiner Schwester Else in einem Landhaus an der besagten Kreuzung wohnt, höchst verdächtig. Doch es gibt auch noch den Versicherungsvertreter Michonnet, der mit seiner Frau in einer einfachen Villa wohnt, und den Tankstellen- und Werkstattbesitzer Monsieur Oscar. In diesem Personenkreis wird Maigret ermitteln. Es wird für Maigret-Verhältnisse relativ handgreiflich und es zischt einiges Blei durch die Luft. Die Handlung ist nicht immer ganz logisch, klassische Ermittlerarbeit kommt mitunter ein wenig zu kurz, aber dafür ist der Plot sehr spannend und angefüllt mit einer Menge Atmosphäre. Überraschende Wendungen inklusive. Mein Tipp: Couch klar machen, Tasse Kaffee oder Glas Wein (bei Maigret gehen auch Bier und deftige Häppchen) bereitstellen und in die Welt Simenons abtauchen. Egal ob mit oder ohne Maigret. Es lohnt sich.

Anm.:
Wer Entscheidungshilfe bei der Unmenge an Maigret-Romanen braucht, erhält hier Hilfe:
http://www.maigret.de/index.php/standard/article/die_fuenf_besten_maigrets/

6 Kommentare on "Georges Simenon: Maigrets Nacht an der Kreuzung"


  1. Ein Maigret geht immer 🙂 Und Non-Maigrets auch. Simenon ist einfach ein Autor, der einen immer wieder einfängt. Das von Dir vorgestellte Buch kenne ich noch nicht – wie die Hälfte der Simenon-Bücher (aber es sind ja auch genügende).

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  2. Das mag ich (schon immer).
    In Bücher eintauchen, Raum und Zeit vergessen und sich irgendwann wieder an die „Oberfläche“ und ins wirkliche Leben „hochstrampeln“.
    Wobei es ja immer wieder Bücher gibt, bei denen dies gar nicht so einfacch ist, weil sie noch tagelang nachwirken.
    Ich liebe das.
    Herbstliche Grüße von Rosie

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  3. Simenon lesen geht bei mir so: Buch auf – lesen – Buch zu. Schön finden. Aber bereits nicht mehr wissen, worum es grade ging. Das ist wie Alzheimerliteratur. Hab ich in den 80ern 3 oder 4 Non-Maigrets gelesen. Am Besten war noch „Der Präsident“, über den alternden De Gaulle. Da weiß ich wenigstens den Titel noch. „Kommissar Maigret“ war ja im 70er TV schon so sterbenslangweilig verfilmt. Neeee – da will ich literarisch erst gar nicht ran. Bin allerdings auch überhaupt kein Krimifreund.

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