Diogenes 2013, 128 S., ISBN: 978-3-257-06846-7, auch als eBook erhältlich
Ich habe kein gutes Gedächtnis. Und so stand ich lange ratlos vor meinem überbordenden Bücherregal: Wie hieß der Autor noch, der mit dieser knappen, klaren Sprache und den merkwürdigen, geheimnisvollen Plots, von dem ich vor langer Zeit so beeindruckt war, den ich dann aber später aus den Augen verloren hatte? Schließlich stieß ich unter L auf die gesuchten Bücher: Der Autor heißt Hartmut Lange, ist Jahrgang 1937, arbeite Anfang der 1960er Jahre als Dramaturg in Ostberlin, verließ 1965 die DDR und lebt in Berlin. Er gehört zu den stillen Autoren dieses Landes, bekannt vor allem für seine klassisch durchkomponierten Novellen, aber auch Dramen, Romane und Essays gehören zu seinem Werk. Es wurde Zeit, daß ich meine Zuneigung wieder erneuerte. Und so griff ich zu dem relativ aktuellen Novellenband „Das Haus an der Dorotheenstrasse” von 2013.
Der schmale Band, gerade 128 Seiten, enthält fünf kurze Novellen, deren Ausgangspunkte stets in Berlin, in der Gegend um Teltow oder am Griebnitzsee, liegen und die durchweg im bürgerlichen Milieu spielen. Langes Sprache ist von ausgesprochener Eleganz. Niemand hetzt, niemand drängt. Es kommen im Plot durchaus mal ein Handy, ein Rechner oder ein Ereignis der jüngeren Geschichte vor, aber ansonsten wirken die Erzählungen fast zeitlos, wie aus dem Alltag herausgenommen. Es geht hier eher um Seelenzustände als um Handlung. Beschaulichkeit zeichnet die Novellen aber keineswegs aus, denn etwas ist in ihnen ver-rückt, aus der Ordnung geraten oder erscheint gar bedrohlich. Wahn? Wirklichkeit? Traum? Überspanntheit? Man weiß es nie so genau. Das Ende bleibt offen.
In „Die Ewigkeit des Augenblicks” sucht der früher Architekt Denninghof, der jetzt auf eigene Rechnung Taxi fährt, nach der Erinnerung an seine verstorbenen Frau Kathrin. Ein Bild des Impressionisten Gustave Caillebotte, eine Art Sinnbild ihrer gemeinsamen Zeit, hat er in der aufgelösten Wohnung vergessen. Nun muß er diesen Druck finden. Mit Krähen, deren Schatten und Franz Schuberts Winterreise bekommt es „Der Bürgermeister von Teltow” zu tun und in „Die Cellistin” wird der bekannten Musikerin Jacqueline du Pré ein Denkmal gesetzt. Nicht alle fünf Novellen sind von gleicher Durchschlagskraft, aber sie alle erzeugen diesen gewissen Nachhall, der noch lange nach der Lektüre im Gedächtnis klingt. Es wäre vielleicht an der Zeit, einen Band Novellen von Hartmut Lange zur Hand zu nehmen und sich wenig verzaubern zu lassen.
Danke dir für diese schöne Empfehlung. Gerade weil ich derzeit kaum zum Lesen komme, sind kleine Erzählungen, so schmale Bändchen, genau das Richtige. Ich wünsche einen schönen Sonntag!
Gern geschehen. Es gibt ein paar dieser kleinen Erzählbände von Hartmut Lange. Auch dir einen schönen Sonntag noch!
Liebe Lena, ich glaube, ich werde in Zukunft in erster Linie die Bücher kaufen, über die ich bei dir eine Empfehlung gelesen habe.
Dies ist schon wieder eines, das ich auf meine Listen setzen werde, weil es wohl wieder genau so eines ist, wie ich es mag.
1000-Dank.
Echt jetzt.
Liebe Rosie, das macht mich jetzt richtig stolz! Ganz ehrlich! Danke! Und ich weiß jetzt schon: Das nächste wird vor allem DICH interessieren. Ich verrate aber noch nix …
Schönes Wochenende!
Oh..gespanntguck*