Zoë Beck: Die Lieferantin

Suhrkamp 2017, 324 Seiten, ISBN: 978-3-518-46775-6, auch als eBook erhältlich.

London, vielleicht bald. Diese Zeile ist dem neuen Roman von Zoë Beck vorangestellt. Und ich bin ehrlich: Anfangs fand ich diese Zeile ein wenig arm. Vielleicht? Bald? Was soll das heißen? Aber diese Worte passen hervorragend und man kommt während und nach der Lektüre immer wieder auf diese Zeile zurück. Vielleicht schon ganz nah? Denn der Thriller spielt, so scheint es, fast in der Gegenwart. Brexit, die aufstrebende Rechte, Spaltung der Gesellschaft, blanker Rassismus (wir denken heute an den Grenfell Tower) und eine durch und durch korrumpierte Drogenpolitik. Das sind die wichtigsten Themen dieses Buches. Ein ganz starker zeitkritischer Krimi von Zoë Beck, der ohne Belehrung auskommt, dafür aber viel Spannung bietet. Und so ganz nebenbei gesellschaftliche Probleme ausspricht, für die es keine einfachen Lösungen gibt.

Wir befinden uns also im London einer nahen Zukunft. Brexit war gestern, heute geht es um Druxit, dem strikten Verbot jeder Art von Drogen. Eine politische Kampagne läuft, es wird um die gewünschte Entscheidung im zeitnahen Referendum gekämpft. Dem Drogenkartell würde ein striktes Verbot in die Karten spielen: In der Illegalität macht man eben Geschäfte, man kennt das ja. Saubere Drogen per App und Drohne an Mann und Frau zu bringen, eine Strategie der Guten? Ob gut oder böse, wer will das sagen, es ist auf alle Fälle das neueste Geschäftsmodell der Romanheldin. Und dieses Modell boomt. Denn fast alle Londoner brauchen Drogen, um die frustrierende Realität auszuhalten. Ein London voller Rassismus und Ungerechtigkeit. Der rechte Mob hat längst mobil gemacht und die „Lügenpresse” spielt ihre ganz eigene Partie. Die eigentliche Handlung beginnt mit dem Mord an einem Drogenhändler, der Geschäftspartner der Lieferantin war. Diese muß sich nicht nur nach neuen Partnern umschauen, sondern wird von verschiedenen Seiten gejagt. Erfolg gebiert nicht nur bei der klassischen Drogenmafia Neider. Weitere Morde folgen.

So gut wie alles an diesem Thriller hat mir gefallen: Man kann dem durchaus komplexen Plot gut folgen, die Sprache ist schnörkellos, die Handlung immer spannend und die Verknüpfungen zwischen Gegenwart und Zukunft sind geschickt konstruiert. Man wird mitunter sehr nachdenklich.

Links (auf externe Seiten):
Frau Beck spricht über ihren neuen Krimi
Trailer zum Buch

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